Hilfe mein Kind wurde von einer Zecke gestochen! Wie gefährlich ist ein Zeckenstich für Kinder?
Zeckenstiche, im Volksmund auch Zeckenbiss genannt, bergen nicht zwangsläufig ein hohes Infektionsrisiko für Kinder.
Das Wichtigste in Kürze:
Dass Ihr Kind nach einem Zeckenstich an FSME erkrankt ist minimal, also sehr gering. Auch das Krankheitsbild der Borreliose, die viel häufiger als FSME vorkommt, wird sehr selten bei Kindern ausgelöst. Die Annahme, dass Zecken von den Bäumen fallen, ist in die Kategorie Ammenmärchen einzuordnen. Sie können Ihr Kind demnach ruhigen Gewissens draußen in der Natur spielen lassen.
Größenverhältnis zwischen Gemeiner Holzbock und Hyalomma
Was passiert eigentlich bei einem Zeckenstich?
Die Zecke durchbricht mit ihren Kieferklauen die Haut, in dem sie die Haut ritzt und ihren Stachel (Hypostom) in diese kleine Wunde schiebt. Ihr Stachel
verankert sich im Wundbereich und die Zecke saugt Blut, dabei gibt sie ihren
Speichel, der verschiedene Stoffe zur Hemmung der Blutgerinnung beinhaltet, in den verletzten Hautbereich ab. Durch die verringerte Blutgerinnung kann die
Zecke einfacher Blut saugen, da in ihrem Speichel leider auch Krankheitserreger
enthalten sein können, werden diese dann auf den Menschen übertragen.
Wo halten sich Zecken auf?
- Bevorzugt in bodennahen Gräsern und Unterhölzern.
- In einer Höhe von 10 bis 60 Zentimetern.
- Zecken fallen nicht von Bäumen.
- Kinder fangen sich Zecken oft im hohen Gras (Grünflächen, Sportplätze, Spielplätze, Wälder) ein. Sitzt eine Zecke erst mal auf dem Körper Ihres Kindes, sucht sie sich in aller Ruhe eine passende Stelle, an der sie dann zu sticht und sich fest saugt. Die Infektionswahrscheinlichkeit steigt mit der Länge der Haftzeit der Zecke. Die Zecke sieht für sich folgende Körperstellen als passend an: in den Achselhöhlen, in der Ellenbeuge, in der Kniekehle, hinter den Ohren, im Nacken, in der Leistenbeuge und im Genitalbereich.
- Zecken sind in Deutschland eher in der Zeit von März bis Ende Oktober aktiv. Durch die Klimaveränderung kommt es immer mehr zu milden Wintern, dies hat zur Folge, dass Zecken auch bei uns das ganze Jahr aktiv sind.
Was ist eigentlich eine Zecke?
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Eine Zecke ist ein Parasit, der sich vom Blut zahlreicher Wirbeltiere, egal ob Mensch oder Tier, ernährt.
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Biologisch zählt die Zecke zur Klasse der Spinnentiere. Erwachsene Zecken haben acht Beinen.
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Für ihre Entwicklungsstadien und die Vermehrung benötigen Zecken die Blutmahlzeiten.
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Nicht der Blutverlust ist für den Menschen das Problem, sondern dass Übertragen von Krankheitserregern auf Menschen und Tiere.
Welche Krankheiten können durch Zecken übertragen werden?
Die zwei häufigsten sind:
- Borreliose
- FSME – Frühsommer-Meningoenzephalitis
Wie gefährlich ist Borreliose bei Kindern?
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Die Borreliose ist eine bakterielle Erkrankung, für die es keine Impfung gibt.
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Nach einem Zeckenstich dauert es 12 Stunden bis Bakterien (Borrelien) übertragen werden.
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Um eine Infektion zu vermeiden, ist also eine rasche Entfernung der Zecke erforderlich. Dann ist eine Infektion mit Borrelien so gut wie ausgeschlossen. Sprich die Wahrscheinlichkeit einer Borrelieninfektion liegt bei ca. 5%. In 9 von 10 Fällen wird der Erreger vom Immunsystem unschädlich gemacht. Tritt eine Infektion auf, betrifft diese meist nur die Haut (Wanderröte), Gelenke und Nervensysteme sind sehr, sehr selten betroffen.
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Die lokale Hautentzündung kann mit Antibiotika behandelt werden.
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Wenn Sie eine Hautveränderung, nach einem Zeckenstich, an Ihrem Kind feststellen, suchen Sie den Kinderarzt auf. Dieser entscheidet dann, ob eine Behandlung mit Antibiotika erforderlich ist. Achtung: Eine Hautveränderung kann auch noch nach 3 bis 20 Tagen nach dem Stich auftreten. Daher beobachten Sie Ihr Kind.
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Immer wenn Fieber, Schwellungen, oder andere unklare Symptome auftreten, gehen Sie mit Ihrem Kind zum Kinderarzt
Wie gefährlich ist FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) bei Kindern?
- FSME ist eine Erkrankung, die durch Viren hervorgerufen und durch Zecken übertragen wird. Es gibt eine Impfung
- Die Viren werden unmittelbar nach dem Zeckenstich übertragen. In Risikogebieten tragen nur 0,1 bis 5 % der Zecken das Virus in sich. Folgende Gebiete sind hierzu gelistet: Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen, südöstliches Thüringen, Sachsen, Solingen in NRW und Brandenburg. (Stand 2022)
- Die Erkrankung mit FSME gebinnt oft mit grippeähnlichen Symptomen. In ca. 10% der Fälle kann es zu neurologischen Symptomen kommen. Schwere Verläufe sind eine Hirnhautentzündung oder Enzephalitis
- Der Krankheitsverlauf ist besonders bei Kindern meist leichter, als bei Erwachsenen.
- Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt eine Impfung für Kinder in FSME-Risikogebieten.
Wie entferne ich bei meinem Kind die Zecke?
- Entfernen Sie die Zecke so schnell wie möglich.
- Der Körper der Zecke muss nahe an der Haut mit einer Zeckenkarte, Zeckenschlinge, Zeckenzange oder wenn Sie von den drei Möglichkeiten keine zur Hand haben,mit einer Pinzette, gefasst werden. Ziehen Sie die Zecke so langsam wie möglich aus der Haut.
- Sollten sich bei aller Vorsicht trotzdem noch Reste der Zecke in der Haut befinden, so ist dies nicht schlimm, da es sich meist um den Stechapparat der Zecke handelt, dies passiert häufiger und ist kein Grund zur Beunruhigung. Der Stechapparat wird mit der Zeit vom Körper selbstständig abgestoßen.
- Wichtig ist, dass Sie beim Entfernen der Zecke, diese nicht drücken oder zerquetschen, damit keine Flüssigkeiten aus der Zecke in die Einstichstelle geraten.
Wie kann ich verhindern, dass mein Kind von einer Zecke gebissen wird?
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Nach einem Aufenthalt in der Natur den Körper gründlich nach Zecken absuchen.
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Ziehen Sie Ihrem Kind möglichst lange, helle, enge Kleidung an, um Zecken den Zugang zur Haut zu erschweren und um Zecken besser entdecken zu können.
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Stecken Sie den Hosensaum in die Socken, achten Sie auf festes Schuhwerk, oder ziehen Sie Gummistiefel.
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Anti-Zecken-Spray auf freie Haut und Kleidung auftragen – viele Mittel haben eine Wirkdauer von einigen Stunden, die Sprays sollten daher regelmäßig aufgetragen werden. Auch Kokosöl kann zur Vorbeugung auf die Haut aufgetragen werden.
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Die Zecken befinden sich bei Kindern besonders häufig am Kopf, im Nacken, hinter den Ohren oder Haaransatz
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Bevor ein Urlaub, oder Ausflug in einem Risikogebiet ansteht, können Sie sich bei Ihrem Kinderarzt über die FSME-Impfung informieren
Über die Autorin
Dr. med. Christiane Puck
Fachärztin für Anästhesie, Notfallmedizin, und Palliativmedizin, Gründerin des Projekts und des Vereins „Doc Puck zeigt es“ e.V. – Kinder retten Leben. www.docpuckzeigtes.de
Mehr zu Christiane Puck
Christiane Puck ist Fachärztin für Anästhesie, Notfallmedizin und Palliativmedizin. Nach ihrer Approbation ging sie als Stipendiatin der Fulbright-Stiftung für zwei Jahre nach Boston und machte dort ihren Master of Public Health. Am Universitätsklinikum Bonn absolvierte sie ihre Facharztausbildung zur Anästhesistin. Im Rahmen ihres Berufs ist sie auch als Notärztin tätig.
Während ihres Berufslebens, aber auch bei ihrem privaten Engagement für Kinder („Kids save Lives“, „Lesen verzaubert“) hat Christiane festgestellt, dass Kinder im Gegensatz zu Erwachsenen angstfrei, furchtlos, mutig und wissbegierig sind. Daher kann man sie auch für das so wichtige Thema der Lebensrettung begeistern. In Deutschland wird Erste-Hilfe für den Führerschein erlernt und dann schnell wieder vergessen. Anders ist es in den skandinavischen Ländern dort ist Erste-Hilfe bereits in der Grundschule ein Schulfach mit dem Erfolg, dass mehr als 70 % der Bevölkerung Erste-Hilfe leisten können. In Deutschland können dies nur 20-30 %.
Mit ihrem Projekt „Doc Puck zeigt es“ will Christiane ein Umdenken in der Gesellschaft erreichen: Erste-Hilfe zu leisten muss in Deutschland „in“ werden. Sie ist davon überzeugt, dass dies nur über die Kinder zu schaffen ist, denn Kinder lernen schon in jungen Jahren Erste-Hilfe wie Fahrradfahren und Schwimmen und vergessen es nie wieder.
Beide Projekte, Pflasterpass-Wissen kann Leben retten® und „Doc Puck zeigt es“ e.V. haben ein gemeinsames Ziel: Erste Hilfe muss Schulfach werden!
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